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"Grammatik-Tinnitus"

Immer wieder blicke ich im Unterricht oder bei Fortbildungen in skeptische Gesichter, wenn ich behaupte: „Eure Aussprache bestimmt, ob Euer Deutsch als gut oder weniger gut wahrgenommen wird – nicht die Grammatik.“ Daher bin ich stets auf der Suche nach Beispielen und Belegen für meine These.

Kürzlich stieß ich auf einen Artikel der Zeitschrift Spektrum Psychologie, den ich hier gern zur Lektüre empfehle. Dort wird das Beispiel eines Politikers mit Migrationshintergrund berichtet, dem von der Presse ein fehlerhaftes Deutsch attestiert wurde. Die Tageszeitung taz machte sich daraufhin die Mühe, die Redebeiträge des Politikers zu untersuchen – und siehe da: Er sprach grammatikalisch korrekt, hatte aber eben einen Akzent. Das genügte, um Fehler zu „hören“, wo gar keine sind. Die taz bezeichnete dieses Phänomen als Grammatik-Tinnitus.